Die Zusammenarbeit von Anwälten und Mediatoren ist eine noch viel zu wenig genutzte Form, für Klienten in Konfliktsituationen erhebliche Mehrwerte zu generieren. Das Zusammenspiel beider Berufsgruppen führt dazu, dass Klienten ihre Lösungen rechtlich hieb- und stichfest, aber ohne Zerstörung ihrer (Geschäfts-)Beziehungen erreichen. Der Anwalt profitiert nicht nur von der entstehenden Kundenbindung, sondern auch von mehr Umsatz; je besser das Zusammenspiel funktioniert, desto vorteilhafter ist es für alle Beteiligten.
Die unterschiedliche Rollen von Anwalt und Mediator
Währenddem Anwälte die Interessen einer Partei vertreten, sorgt der Mediator dafür, dass die Interessen aller Beteiligten gewahrt werden. Das wirkt sich einerseits darauf aus, wie die jeweilige Profession mit ihren Klienten und ihren Themen umgeht, andererseits, welche möglichen Lösungen durch ihr Einwirken entstehen.
Mediatoren konzentrieren sich auch (aber nicht nur) auf den Prozess der Lösungsfindung und die psychosozialen Vorgänge, währenddem Anwälte eher inhaltlich arbeiten und das Ergebnis oder die Lösungen oft vorgeben.
Anwälte vertreten immer nur eine Seite und das ist gut so
Ein Anwalt hat von Berufs wegen die Aufgabe, die Interessen seines Klienten gegenüber anderen Parteien zu vertreten und durchzusetzen.
In vielen Anwendungsfällen ist das genau richtig - etwa, wenn es darum geht, Präzedenzfälle zu schaffen, die Parteien eine Gerichtsentscheidung brauchen, um ihr Handeln vor einem Aufsichtsrat zu belegen oder wenn ein konstruktives Gespräch nicht mehr möglich ist.
Der Anwalt versucht dabei zu jedem Zeitpunkt, für seinen Klienten das Beste rauszuholen.
Ganz anders ist die Grundidee beim Mediator
Ein Mediator ist nicht, wie gemeinhin angenommen, neutral. Das Wort "Allparteilichkeit", das meistens verwendet wird, trifft besser zu. Allparteilich zu sein heißt, sich für beide (oder alle) Parteien einzusetzen. Der Mediator sorgt dafür, dass sich in erarbeiteten Lösungen unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen widerspiegeln und dass ein Interessensausgleich stattfindet.
Beide Rollen in Personalunion? Warum das keine gute Idee ist.
Viele praktizierende Anwälte haben die Ausbildung als Mediator, da diese Funktion immer öfter nachgefragt wird. Ob die Vereinigung zwei so gegenläufiger Rollen Sinn macht, ist zu hinterfragen, da die Abgrenzung der Philosophien im praktischen Alltag möglicherweise Fragen oder Unvereinbarkeiten aufwirft.
Zudem entsteht aus der Sicht des Klienten ein hybrides Produkt, das eher zu Verwirrung als zu einem klaren Bild von der zu erwartenden Leistung führt. ein bisschen Mediation" funktioniert nicht.
Klienten, die ihren Anwalt in einem Prozess als durchsetzungsstarken Vertreter ihrer Interessen erlebt haben, werden ihm später die Rolle des allparteilichen Mediators, der plötzlich auch die Interessen der Gegenseite vertritt, nicht abkaufen (dazu kommen wir später noch einmal).
Die beiden Rollen Anwalt und Mediator basieren auf so gegenläufigen Modellen und Vorgehensweisen, dass die Vereinigung in einer Person schwierig wird. Die beiden Grundhaltungen unterscheiden sich diametral.
Natürlich kann ein Anwalt konsensorientiert arbeiten, weil er gelernt hat, dass in manchen Fällen ein Konsens die haltbareren Ergebnisse bringt. Eine durch und durch mediative Haltung einzunehmen wird ihm aber immer schwer fallen.
Römermann und Praß, zwei deutsche Kollegen merken an:
(...) denn funktional unterscheiden sich Rechtsanwälte und Mediatoren erheblich. Der Rechtsanwalt hat den Charakter eines Parteivertreters, während der Mediator nicht rechtsberatend (...) oder einseitig interessengeleitet (...) tätig wird.
Als weiteren Punkt muss man die Ausbildung genauer unter die Lupe nehmen: Die gegenwärtige Realität in der Anwaltsausbildung ist, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in advokatorischen Techniken für richterliche Verfahren gut ausgebildet sind, im Zusammenhang mit anderen Problemlösungsverfahren wie Verhandlungen und Mediation aber auf eine unvollkommene Ausbildung, auf Versuch und Irrtum und auf erworbene Erfahrung zurückgreifen.
Wenn wir zudem davon ausgehen, dass Menschen ihre Berufe oft aufgrund von Talenten oder Interessen wählen, vermuten wir hinter jemandem, der Anwalt wird, eine ganz andere Persönlichkeit als bei jemandem, der eine Mediationskarriere anstrebt.
Es macht deshalb Sinn, diese beiden Rollen klar voneinander zu trennen, um von jeder Seite die jeweils für die Klientenbedürfnisse passende Leistung anzubieten. Jede der beiden Rollen hat ihren eindeutigen Mehrwert; geschickt gekoppelt vervielfacht er sich.
Der Rechtsanwalt ist hochverehrlich, obwohl die Kosten oft beschwerlich.
Wilhelm Busch
Die Rolle des Anwalts in der Mediation
Mediation macht Anwälte nicht überflüssig. Gerade in der Wirtschaftsmediation ist der Anwalt unabdingbar, um die Auswirkungen von Lösungen direkt auf rechtliche Aspekte zu prüfen und Feedback zu geben. Ich persönlich mediiere in der Mediation zwischen Unternehmen grundsätzlich nicht ohne die Anwälte der Parteien
Ich weiß, einige Kollegen sehen das anders, ich habe aber einfach keine Lust, die Arbeit zwei Mal zu machen, und meine Klienten in der Regel auch nicht.
Die Aufgabe des Anwalts in einem Mediationsverfahren unterscheidet sich von jener, die er bei seiner gewohnten Tätigkeit hat. Es ist nicht mehr die Rolle eines führenden Akteurs im Geschehen, sondern jene des "Beschützers" seines Klienten.
Diese Veränderung des Blickwinkels verlangt dem Anwalt anfangs sicherlich einiges ab. Später, so berichten Anwälte, die auf regelmäßiger Basis mit Mediatoren an Fällen arbeiten, sei die Arbeit jedoch deutlich entspannter als ihr Tagesgeschäft, da der Klient die führende Rolle übernimmt und die Lösungen erarbeitet.
Aber nicht nur Anwälte haben in der Mediation zu lernen und sich ein neues Rollenverständnis zuzulegen - auch der Mediator ist gefordert, die Arbeit des Anwalts zu schätzen und in seine Prozessgestaltung mit einzubeziehen. Nicht nur Anwälte haben Vorbehalte gegenüber Mediatoren, auch manche Mediatoren würden am liebsten ohne Anwälte agiereDer Klient gewinnt
Der Klient gewinnt...
Klienten wollen Lösungen - in diesem Punkt sind sich Anwälte und Mediatoren einig. Wie eine gute Lösung aussieht, darüber würden sich aber wohl auch hier die Geister in vielen Fällen scheiden. Es kommt dazu, dass diese Diskussion zwischen zwei Akteuren geführt wird, die aus ihrer Sicht argumentieren. Es zählt jedoch, was der Klient will.
Lösungen, die in der Mediation mit anwaltlicher Unterstützung erarbeitet werden, haben für den Klienten den Vorteil, dass:
- sie haltbarer sind
- die Klienten die Lösungen selber kontrollieren können
- durch Mediation oft ganz neue Lösungsansätze entstehen, an die noch keiner gedacht hat
- die Kosten niedriger und die Zeitspanne bis zur Lösung kürzer ist
Das Ziel einer Zusammenarbeit zwischen Anwalt und Mediator ist immer, den Kundennutzen zu maximieren und damit die Kundenbindung zu verbessern.
Lösungen, die in solchen Kooperationen bei Mediationsfällen gefunden werden, sind in der Regel für den Klienten befriedigender, effektiver, flexibler und haltbarer als eine von einem Gericht oder einer anderen Einrichtung getroffene Entscheidung.
Diese Benefits entstehen dadurch, dass die Parteien das Verfahren und die Ergebnisse selbst steuern können, und diese Ergebnisse den Bedürfnissen und Interessen beider Parteien entsprechen.
Vor Gericht werden meistens nur die Bedürfnisse einer Partei (oder beider, aber nur teilweise) erfüllt. Dadurch werden oft weitere rechtliche Schritte bei der nächsten Instanz provoziert und eine Lösung rückt für die Dauer des nächsten Verfahrens wiederum in die Ferne.
...der Anwalt auch!
Anwälte sind gegenüber dem Mitbewerb im Vorteil, wenn sie dem Klienten auch eine Begleitung in einer Mediation anbieten. Das heißt nicht, dass Anwälte selber als Mediator tätig werden, sondern dass sie einen Klienten in einer Mediation anwaltlich begleiten.
Der Einsatz von Mediation trägt meiner Erfahrung nach bei Anwälten erheblich zur Mandantenbindung und -neugewinnung bei. Zufriedene Mandanten kommen wieder und empfehlen weiter. Da Anwälte kaum werben dürfen, ist das sicher einer der zentralen Benefits.
Für den Anwalt entstehen also eine Reihe von Vorteilen:
- bessere Kundenzufriedenheit und -beziehungen durch nachhaltige Lösungen
- mehr Empfehlungen = mehr Klienten
- die Mediation ist ein anwaltliches Marketinginstrument mit hohem Wirkungsgrad
- Anwälte haben mehr Zeit für andere Klienten und Fälle
- Das Umsatzrisiko ist geringer
- Der Umsatz entsteht unmittelbarer als bei Prozessen (hallo, Cash-Flow!)
Die Befürchtung, Mediation koste die im streitigen Verfahren erzielbaren Honorare, ist sehr kurzfristig völlig korrekt. Mittelfristig zeigt sich jedoch, dass die Mediation wie ein Marketinginstrument wirkt und durch die niedrigere Betreuungsintensität und den sofort entstehenden Cash-Flow die Gesamtrechnung positiv beeinflusst.
Fazit
Insgesamt kann das Abwickeln von Wirtschaftsmediationen für einen Anwalt (auch) aus monetärer Sicht sehr attraktiv sein - die Voraussetzung dafür ist eine strukturierte Zusammenarbeit sowie die genaue Abgrenzungen und Definition von Rollen, sowohl des Anwalts als auch des Mediators.