Mediator und inhaltliche Kompetenz – yay or nay?

Mediatoren im Wirtschaftsbereich sollten ein Mindestmaß an wirtschaftlichem Verständnis mitbringen. Die Kenntnis unternehmerischer Abläufe und zumindest eine grobe Übersicht über das Business der Kunden sind elementar in der Konfliktbearbeitung. Ebenso ist das Wissen um mögliche Lösungen hilfreich - gerade wenn Parteien in einem Konflikt feststecken und jede noch so ausgeklügelte Kreativitätstechnik versagt. Leider sehen das nicht alle so.

Die Prozessorientierung als Maß der Dinge

Über inhaltliche Eingriffe kursieren die unterschiedlichsten Meinungen – in der weithin gelehrten Theorie ist der Mediator ein Prozessbegleiter und vermeidet inhaltliche Eingriffe wie der Teufel das Weihwasser. Vielerorts wird diese Vorgangsweise mit durchaus ansehnlichem Erfolg auch ausgeübt. Das heißt, der Prozess der Lösungsfindung wird gestaltet und mit geeigneten Techniken vorangetrieben, ohne dass sich der Mediator inhaltlich einbringt. Die Idee dahinter ist, dass Lösungen, die die Medianden selber erarbeiten, tragfähiger seien. Vor allem dort, wo sich Konflikte durch hohe Emotionalität auszeichnen, etwa in der Familien- Erbschafts- und Scheidungsmediation, ist der prozessorientierte Ansatz hilfreich.

Daneben gibt es Ansätze, die inhaltliche Eingriffe gutheißen. In Österreich ist die Verbreitung solcher Ansätze meiner Erfahrung nach überschaubar. Das hat damit zu tun, dass Ausbildungsinstitute sich vor allem der prozessorientierten Schule verpflichtet fühlen. Mir wurde erzählt, in Österreich gäbe es kaum Mediatoren, die von ihrer Mediationstätigkeit leben würden - die, die Geld verdienen, hätten sich mehrheitlich der Ausbildung verschrieben. Ob das stimmt oder nicht, kann ich nicht beurteilen, wenn es aber so ist, liegen die Auswirkungen auf der Hand; Es entsteht ein sich selbst verstärkendes System der prozessorientierten Ansätze.

Wirtschaftsmediation ist anders

Der Einsatz unterschiedlicher Methoden und Zugänge sollte sich immer dem Ziel unterordnen. Wenn der Zweck Wirtschaftsmediation ist, gelten andere Gesetzmäßigkeiten als bei einer Mediation im privaten Bereich, etwa Familien- oder Scheidungsmediation. Wirtschaftliche Konflikte zeichnen sich durch eine Reihe von Eigenheiten aus:

  • Hohe Komplexität der Themen
  • Hohe Komplexität der Systeme, großer Einfluss durch Hierarchien und Organisationsstrukturen
  • Medianden agieren oft im Auftrag und mit fremdem Geld
  • die Freiwilligkeit muss differenzierter betrachtet werden
  • Medianden können nicht immer alleine entscheiden
  • Medianden haben keinen Überblick über mögliche Lösungen

Oberste Priorität: Sachverhaltsklärung

Diese abweichenden Voraussetzungen sowie die von Unternehmen vermehrt (zu Recht!) gestellte Frage nach der Leistung, die die Mediation erbringt, erfordern eine Vorgehensweise, die ergebnisorientiert ist. Zudem verliert die emotionale Komponente, um die es in den meisten Konflikten an der Basis geht, an Bedeutung. Das heißt nicht, dass sie außer Acht gelassen werden kann, denn Menschen agieren auch im wirtschaftlichen Kontext emotional. Der Fokus liegt aber weniger darauf, tatsächlich alle persönlichen Beweggründe zu erforschen, sondern viel mehr auf der Klärung des Sachverhalts. Verkürzt könnte man sagen, in der Wirtschaftsmeditation geht es hauptsächlich um die Sachverhaltsklärung, nicht um Lösung.

Um die Parteien bei der Klärung zu begleiten und diesen Prozess so effizient wie möglich zu gestalten, ist der Mediator gefordert, die richtigen Fragen zu stellen. Das kann er aber nur dann, wenn er ein Mindestmaß an Kenntnissen darüber hat, wie Unternehmen funktionieren und wonach gesucht werden muss.

Inhaltliche Kompetenz zur Erweiterung von Lösungsoptionen

Vielfach brauchen die Medianden auch Unterstützung dabei, ihre Ausgangslage und wirtschaftlichen Grenzen bei möglichen Lösungen für die Klärung angemessen darzustellen. Diese Aufgabe sollte ein Mediator begleiten und letztlich auch die Plausibilität der Darstellungen einschätzen können. Kann er das nicht, müssen Sachverständige hinzugezogen werden.

Andererseits entstehen Konflikte aber oft aus einer inhaltlichen oder organisatorischen Überforderung heraus. Oder die Konfliktparteien finden keine gemeinsame Lösung, weil sie keinen Überblick über ihren Spielraum oder die Möglichkeiten haben. In diesem Fall gibt es mehrere Möglichkeiten:

  1. Die Mediation wird als gescheitert erklärt.
  2. Es werden Sachverständige hinzugezogen, um die Parteien bei der Lösungsentwicklung inhaltlich zu unterstützen.
  3. Der Mediator legt - gerät der Lösungsfindungsprozess ins Stocken - Lösungsvorschläge vor, die die Konfliktparteien dann diskutieren und bewerten können. Diese Lösungsvorschläge sind keine Handlungsanweisungen, sondern ein Angebot, dass den Handlungsspielraum in einer Mediation erweitern und die Mediation schneller zu Ergebnissen führen kann. Bei dieser Vorgehensweise ist es für den Erfolg wichtig, mehrere Lösungsvorschläge zu unterbreiten.

In der Wirtschaftsmediation ist die Prozessbegleitung natürlich wichtig, inhaltliche Eingriffe sollten aber nicht von vorneherein aus theoretischen Erwägungen abgelehnt werden. Gerade der inhaltliche Eingriff kann über Erfolg oder Misserfolg einer Wirtschaftsmediation entscheiden. Sie sehen also: Inhaltliche Eingriffe? YAY!

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