Eine Unternehmenskultur des offenen Dialogs ist pure Konfliktprävention in Unternehmen. Aber Unternehmenskultur ist ein großes Wort - kann man sie überhaupt beeinflussen? Ich zeige dir in diesem Beitrag 5 Wege, wie du mit einer Unternehmenskultur des offenen Dialogs lästige Konflikte unterbindest. Und wie du durch gezielte Maßnahmen zur Beeinflussung kultureller Faktoren ein Umfeld schaffst, in der offene Kommunikation und Zusammenarbeit gedeihen (und destruktive Konflikte weniger werden).
Zugegeben, das Verändern der Unternehmenskultur ist keine Aufgabe, die du eben mal im Vorbeigehen erledigen kannst. Viel mehr ist es ein ständiges Arbeiten an unterschiedlichen Themen, damit sich etwas bewegt.
Aber bevor ich dir die angekündigten 5 Wege zeige, die dich zu einer Kultur des offenen Dialogs bringen, lass uns zuerst einmal schauen, wie man die Unternehmenskultur generell messen und verändern kann.
Messung und Entwicklung der Unternehmenskultur
Um eine Unternehmenskultur zu entwickeln, müssen wir nicht nur wissen, wie wir sie denn gerne hätten, sondern auch, wo wir stehen. Dazu müssen wir die aktuelle Unternehmenskultur zuerst einmal messen (ja, das geht).
Sie können noch so gute Strategien haben, wenn Sie nicht die richtige Kultur haben, sind Sie tot.
Patrick Whitesell
Chairman Endeavor
Messung der Unternehmenskultur
Du hast unterschiedliche Möglichkeiten, die Unternehmenskultur zu messen - am besten machst du das mit mehreren Tools, um a) nichts zu übersehen und b) am Ende ein möglichst komplettes Bild zu haben. Hier die wichtigsten Messpunkte:
1. Mitarbeiterbefragungen
Führe regelmäßige Mitarbeiterbefragungen durch, um Stimmungsbilder und potenzielle Konfliktquellen zu identifizieren.
2. Kultur-Audits
Führe regelmäßige Kultur-Audits durch, um die Übereinstimmung zwischen den definierten Werten und dem tatsächlichen Verhalten im Unternehmen zu überprüfen. Das lässt du am besten von einem Spezialisten machen, der die Verfahren (und auch ihre Schwächen sowie die geeignete Interpretation der Daten) kennt.
Aus diesem Audit sollten die Stärken und Schwächen der aktuellen Kultur ersichtlich sein und du kannst dann im Hinblick auf das Ziel, dass du dir gesetzt hast, Maßnahmen ableiten.
3. Wichtige Kennzahlen und Indikatoren identifizieren
- Fluktuations- und Engagement-Raten: Analysiere Kennzahlen wie Fluktuations- und Engagement-Raten in unterschiedlichen Settings, die Aufschluss über die Zufriedenheit und das Engagement der Mitarbeiter geben können.
- Kultur-Indikatoren: Entwickle auf Basis deiner Ziele auch spezifische Indikatoren wie die Häufigkeit von Feedbackgesprächen und die Teilnahme an Teambuilding-Aktivitäten, wenn du sie messen musst, um dann Maßnahmen zur Zielerreichung definieren zu können (und sie im Audit nicht bereits enthalten sind - vielleicht kannst du das Audit auch gleich mit diesen Indikatoren ergänzen).
Anonyme Beschwerdekanäle
Ich habe bereits über anonyme Beschwerdekanäle und ihre Schwächen geschrieben (siehe Punkt 8 im Beitrag) - trotzdem können sie ein wertvolles Instrument in der Kulturmessung sein. Was berichten die Leute? In welcher Häufigkeit? Wird das Angebot überhaupt in Anspruch genommen? Das alles können relevante Informationen für das ganz große Bild sein.
Modelle zur Unternehmenskultur
Zur Entwicklung und Messung der Unternehmenskultur gibt es mehrere etablierte Modelle. Hier sind die drei wichtigsten, die du kennen solltest (und vielleicht gefällt dir ja eins so gut, dass du gleich damit weiterarbeitest).
Denison Organizational Culture Model
Bildquelle: What is the Denison model? - iPiP
Das Denison-Modell basiert auf vier kulturellen Merkmalen, die den Unternehmenserfolg beeinflussen: Mission, Anpassungsfähigkeit, Einbindung und Konsistenz. Diese Merkmale helfen dabei, die Unternehmenskultur systematisch zu analysieren und zu verbessern.
- Quelle: Denison, D. R. (1990). Corporate Culture and Organizational Effectiveness. John Wiley & Sons.
Hofstede's Cultural Dimensions Theory
Geert Hofstede identifizierte sechs Dimensionen, die die Kultur in Organisationen beschreiben: Machtdistanz, Individualismus vs. Kollektivismus, Maskulinität vs. Feminität, Unsicherheitsvermeidung, Langfristige vs. kurzfristige Ausrichtung und Nachgiebigkeit vs. Beherrschung. Dieses Modell wird häufig verwendet, um interkulturelle Unterschiede zu verstehen und zu managen.
- Quelle: Hofstede, G. (2001). Culture's Consequences: Comparing Values, Behaviors, Institutions and Organizations Across Nations. Sage Publications.
Schein's Kulturebenenmodell
Bildquelle: Unternehmenskultur verstehen und sichtbar machen - Mittelstand-Digital Zentrum Zukunftskultur (digitalzentrum-zukunftskultur.de)
Edgar Schein’s Modell umfasst drei Ebenen der Unternehmenskultur: Artefakte (sichtbare Strukturen und Prozesse), Werte (strategische Ziele, Leitbilder) und grundlegende Annahmen (unbewusste, selbstverständlich angenommene Überzeugungen und Wahrnehmungen). Dieses Modell ist nützlich, um die tief verwurzelten Elemente der Unternehmenskultur zu verstehen und zu verändern.
- Quelle: Schein, E. H. (2010). Organizational Culture and Leadership. Jossey-Bass.
Entwicklung der Unternehmenskultur
Nach dem Messen kommt die Analyse und schließlich die Maßnahmen zur Beeinflussung der Unternehmenskultur. Soweit logo, nehme ich an. Bevor wir uns jedoch anschauen, welche speziellen Maßnahmen zu einer Kultur des offenen Dialogs führen, möchte ich etwas allgemeiner darauf eingehen, welche Maßnahmen klassischerweise gesetzt werden.
Klare Werte und Visionen entwickeln
Erarbeite klare Werte und Visionen (was ich - wenn überhaupt - nur teilweise als demokratischen Prozess sehe), die das Fundament eurer Unternehmenskultur bilden. Kommuniziere diese Werte konsequent auf allen Ebenen und lebe sie vor, um als Vorbild zu dienen.
Mitarbeiter einbeziehen
Binde Mitarbeiter aktiv in den Prozess der Kulturentwicklung ein. Ihre Erfahrungen und Meinungen sind wertvoll. Implementiere regelmäßige Feedback-Runden und offene Diskussionsforen, um kontinuierliches Feedback zu erhalten und darauf zu reagieren.
Achtung: Mach keine Alibiübung, sonst verlierst du die Unterstützung der Basis. Entweder setzt du Maßnahmen um oder du erklärst, warum nicht oder jetzt nicht. Und zwar ganz transparent. Sonst kannst du dir das eigentlich sparen.
Rituale und Traditionen schaffen
Führe regelmäßige Team-Events, Workshops und Firmenveranstaltungen ein, die das Gemeinschaftsgefühl stärken. Entwickle Programme zur Anerkennung von Mitarbeiterleistungen, um eine Kultur der Wertschätzung und positiven Verstärkung des Erreichten zu fördern.
Kommunikationskultur stärken
Fördere eine Kultur der offenen und transparenten Kommunikation, in der Mitarbeiter ihre Meinungen und Ideen frei äußern können (mehr dazu weiter unten). Biete Schulungen und Workshops zur Verbesserung der Kommunikationsfähigkeiten und zur Konfliktlösung an. Denn das nur zu wollen, reicht nicht, man muss auch wissen, wie es geht.
Führungskräfte als Kulturträger
Vorbilder sind einer der wichtigsten Faktoren im Gestalten der Unternehmenskultur. Wenn ihr gerne eine wertschätzende Unternehmenskultur haben wollt und der CEO grüßt die Putzfrau nicht, wird es eng (ausser, keiner beobachtet ihn beim Nicht-grüßen, dann bliebe allerdings immer noch die Putzfrau als Zeugin dieses unmöglichen Verhaltens).
Die Kultur eines Unternehmens ist die Summe der Verhaltensweisen aller seiner Mitarbeiter.
Michael Kouly
Autor
Das bedeutet also, Führungskräfte sollten die definierten Werte vorleben und als Vorbilder agieren. Um das zu erreichen, investiere in die Führungskräfteentwicklung durch gezielte Trainings und Coachings, die den Fokus auf die Merkmale der angestrebten Unternehmenskultur legen.
Und last but not least: Ich bin ja - das hast du dir sicher insgeheim schon gedacht - keine Expertin für Unternehmenskultur, aber sie spielt in meine Fälle immer mit rein. Hier findest du deshalb noch eine interessante Quelle mit einem guten Überblick über das Messen und Aufbauen der Unternehmenskultur.
Mit einer Unternehmenskultur des offenen Dialogs lästige Konflikte unterbinden
So - nachdem du dich bis hierher durchgekämpft hast (gratuliere!), hier die 5 Maßnahmen, die besonders darauf abzielen, den offenen Dialog und somit die Konfliktprävention zu verbessern.
1. Förderung von Transparenz und Vertrauen
Transparenz und Vertrauen sind die Grundpfeiler einer offenen Unternehmenskultur. Wenn Informationen offen und ehrlich kommuniziert werden, fühlen sich Mitarbeiter wertgeschätzt und respektiert, was das Vertrauen stärkt und Konflikte reduziert.
Das bedeutet auch, mal zu sagen, wenn du etwas gerade nicht weißt oder kannst. Das ist immer besser, als um den heißen Brei herumzulamentieren und die Gerüchteküche zu befeuern.
Wie du es umsetzt:
- Offene Kommunikation: Teile regelmäßig wichtige Informationen über Unternehmensziele, Projekte und Veränderungen. Nutze dafür verschiedene Kanäle wie E-Mails, Meetings und interne Plattformen - du wirst nicht alle Mitarbeiter über einen Kanal erreichen, in großen Unternehmen schon gar nicht. Es wäre also auch klug, wenn du dich mit interner Kommunikation befasst. Hier auf der Plattform für Gründer wird das noch näher erklärt.
- Vertrauensaufbau: Fördere eine Kultur des Vertrauens, indem Führungskräfte und Mitarbeiter Versprechen einhalten und offen über Fehler sprechen.
- Einbeziehung: Binde Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse ein und ermutige sie, Fragen zu stellen und ihre Meinungen zu äußern - sollte das in einer offenen Runde schwierig sein, richte dafür anonymisierte Feedbackmechanismen ein, aber dazu kommen wir gleich noch.
2. Regelmäßige Feedback-Runden und Mitarbeiterbeteiligung
Feedback-Runden schaffen einen Raum für offene Kommunikation und kontinuierliche Verbesserung. Sie helfen, Probleme frühzeitig zu erkennen und Lösungen gemeinsam zu erarbeiten. Mitarbeiterbeteiligung verstärkt das Gefühl der Zugehörigkeit und des Engagements (und das Commitment!).
Wie du es umsetzt:
- Feedback-Kultur etablieren: Implementiere regelmäßige Feedback-Runden in Meetings und Einzelgesprächen. Fördere eine Kultur, in der konstruktives Feedback geschätzt und als Chance zur Verbesserung gesehen wird. Wenn du das Gefühl hast, dass das hapert, bilde deine Mitarbeiter weiter, die Führungskräfte zuerst.
- Mitarbeiterbeteiligung: Ermögliche Mitarbeitern, ihre Ideen und Bedenken offen zu äußern. Schaffe ausserhalb persönlicher Meetings auch andere Plattformen wie Ideenboxen oder interne Foren, um den Austausch zu fördern.
- Anerkennung und Wertschätzung: Erkenne die Beiträge und Leistungen der Mitarbeiter regelmäßig an, um deren Engagement und Motivation zu stärken - lass die Rückmeldungen nicht unbeachtet und gehe darauf ein, sonst hat bald niemand mehr Lust darauf.
3. Schulung in Kommunikationsfähigkeiten und Konfliktlösung
Eine gute Kommunikation ist das Rückgrat einer offenen Unternehmenskultur. Durch Schulungen können Mitarbeiter lernen, effektiv zu kommunizieren und Konflikte konstruktiv zu lösen. Wenn alle Beteiligten gute Konflikt- und Kommunikationskompetenzen haben, funktioniert vieles leichter, nicht nur die Arbeit an der Unternehmenskultur.
Wie du es umsetzt:
- Workshops und Trainings: Biete regelmäßige Schulungen und Workshops zu Kommunikationsfähigkeiten und Konfliktmanagement an. Lade externe Experten ein, um professionelle Einblicke und Techniken zu vermitteln.
- Interne Mentorenprogramme: Etabliere Mentorenprogramme, in denen erfahrene Mitarbeiter jüngere Kollegen im Umgang mit Kommunikation und Konfliktlösung unterstützen. So kannst du auch Generationenkonflikten vorbeugen, indem du Beziehungen über unterschiedliche Alters- und Erfahrungsgruppen stärkst.
4. Etablierung klarer Kommunikationsrichtlinien und Werte
Klare Kommunikationsrichtlinien und festgelegte Werte sorgen dafür, dass alle Mitarbeiter wissen, wie sie miteinander kommunizieren sollen. Diese Richtlinien helfen, Missverständnisse zu vermeiden und Konflikte zu reduzieren. Überlege dir, wie du damit umgehst, wenn Richtlinien oder Werte verletzt werden. Gibt es nämlich keine Konsequenzen, kannst du sie dir ziemlich bald an den Hintern schmieren.
Wie du es umsetzt:
- Kommunikationsrichtlinien entwickeln: Entwickle und implementiere Kommunikationsrichtlinien für das gesamte Unternehmen. Stelle sicher, dass die Richtlinien leicht zugänglich und verständlich sind.
- Unternehmenswerte definieren: Arbeite Unternehmenswerte aus, die die Basis für die Kommunikation und Zusammenarbeit bilden. Integriere diese Werte in den Arbeitsalltag.
- Regelmäßige Überprüfung: Schulen die Mitarbeiter regelmäßig in den Kommunikationsrichtlinien und deren Anwendung. Überprüfe die Richtlinien und die Einhaltung der Werte regelmäßig und passe sie bei Bedarf an. Es ist auch hilfreich, mit den Mitarbeitenden darüber zu sprechen, wie Werte gelebt werden können und was ihre Perspektive auf den aktuellen Stand der Umsetzung ist.
Eine Kultur des Vertrauens zu schaffen, wirkt ebenfalls Wunder. Denn selbst wenn man einen hitzigen Streit hat, solange man im Hinterkopf behält, dass derjenige, mit dem man streitet, das Beste für das Unternehmen und das gesamte Team im Sinn hat, wird man es immer schaffen, bis zum Ende durchzuhalten und freundlich zu bleiben.
Patrick Campbell
5. Führung durch Vorbild und gezielte Führungskräfteentwicklung
Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung einer Kultur des offenen Dialogs. Indem sie selbst offen kommunizieren und transparent handeln, setzen sie den Standard für das gesamte Unternehmen. Was Führungskräfte nicht tun, tut auch kein Mitarbeiter - so einfach ist das.
Wie du es umsetzt:
- Vorbildfunktion der Führungskräfte: Ermutige Führungskräfte, offen und ehrlich über ihre Entscheidungen und Prozesse zu sprechen. Fördere eine Kultur, in der Führungskräfte aktiv zuhören und auf die Bedürfnisse und Anliegen ihrer Mitarbeiter eingehen.
- Führungskräfteentwicklung: Investiere in die Entwicklung deiner Führungskräfte durch spezielle Trainings und Coachings, die den Fokus auf offene Kommunikation und Konfliktlösung legen.
- Feedback für Führungskräfte: Implementiere regelmäßiges Feedback für Führungskräfte von ihren Teams, um deren Führungsstil kontinuierlich zu verbessern und anzupassen.
- Wie transparent ist die Kommunikation in deinem Unternehmen? Reflektiere darüber, wie Informationen derzeit ausgetauscht werden und ob alle Mitarbeiter gleichermaßen Zugang zu wichtigen Informationen haben.
- Wie oft und wie konstruktiv wird in deinem Unternehmen Feedback gegeben? Denke darüber nach, ob Feedback regelmäßig und auf eine Weise gegeben wird, die Verbesserungen fördert. Gibt es Möglichkeiten, die Feedback-Kultur zu verbessern?
- Welche Maßnahmen kannst du ergreifen, um die Kommunikationsfähigkeiten deines Teams zu verbessern?
Fazit
Eine Unternehmenskultur des offenen Dialogs ist essenziell, um Konflikte zu vermeiden und ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen. Transparenz, regelmäßige Feedback-Runden, Schulungen in Kommunikationsfähigkeiten, klare Kommunikationsrichtlinien und vorbildliche Führung sind fünf effektive Wege, um eine solche Kultur zu fördern.
Durch gezielte Maßnahmen zur Beeinflussung kultureller Faktoren kannst du eine Atmosphäre schaffen, in der offene Kommunikation und Zusammenarbeit gedeihen und die Konfliktprävention automatisch passiert.
Quellen:
- SpringerLink: Organisationskultur – Aufbau, Modelle und Messbarkeit (SpringerLink)
- Hofstede, G. (2001). Culture's Consequences: Comparing Values, Behaviors, Institutions and Organizations Across Nations. Sage Publications.
- Schein, E. H. (2010). Organizational Culture and Leadership. Jossey-Bass.