Chronische Konflikte und Burnout
Melanie

Du hast dich schon so daran gewöhnt, dass im Job gestritten wird, dass du die Gefahr kaum noch wahrnimmst - chronische Konflikte sind jedoch ein großes Burnout Risiko. Sie schleichen sich ein, werden zur neuen Normalität und zehren so kontinuierlich an deinen Kräften.

Die tückische Natur chronischer Konflikte

Chronische Konflikte sind der langsame Tod. Anders als akute Auseinandersetzungen, die oft schnell eskalieren und gelöst werden, bleiben sie meist unterschwellig präsent und schaffen eine Atmosphäre ständiger Anspannung.

Diese Art von Konflikten ist besonders gefährlich, weil sie oft unbemerkt bleibt und sich - wie ein Krebsgeschwür - langsam, aber stetig negativ auf die gesamte Arbeitsatmosphäre und das Wohlbefinden aller Beteiligten auswirkt.

Diese Studie zeigt, dass chronische Konflikte und fehlende soziale Unterstützung am Arbeitsplatz wesentliche Faktoren sind, die Burnout begünstigen.

1. Die Normalisierung des Abnormalen

Der erste Schritt zur Entstehung chronischer Konflikte ist oft die Gewöhnung an die ungesunde Situation. Dieser Prozess geschieht schleichend und fast unmerklich.

Was anfangs noch als störend oder belastend empfunden wird, wird mit der Zeit als "normal" akzeptiert - "bei uns ist es halt so, kann man nix machen", wird dann oft achselzuckend gesagt.

Diese Normalisierung ist ein Schutzmechanismus unseres Gehirns, der es uns ermöglicht, in schwierigen Situationen zu funktionieren. Allerdings hat dieser Mechanismus auch eine Schattenseite: Er verhindert, dass wir aktiv gegen die Missstände vorgehen.

Anzeichen dafür sind:

  • Du akzeptierst regelmäßige Streitigkeiten als "normal" und denkst, dass es in jedem Team so zugeht.
  • Passive Aggressivität wird zur gängigen Kommunikationsform. Sarkasmus, spitze Bemerkungen oder das bewusste Ignorieren von Kollegen werden alltäglich.
  • Du fühlst dich ständig angespannt, ohne genau zu wissen warum. Diese unterschwellige Anspannung kann sich in physischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Magenproblemen oder Schlafstörungen äußern.
  • Meetings werden zu Minenfeldern, in denen jeder vorsichtig seine Worte wählt, um keine neuen Konflikte auszulösen.
Chronische Konflikte und Burnout I

2. Die schleichende Erosion der Motivation

Chronische Konflikte nagen kontinuierlich an deiner Arbeitsmotivation und -zufriedenheit. Dieser Prozess ist oft so graduell, dass er erst bemerkt wird, wenn die Motivation bereits stark gesunken ist. Die ständige Notwendigkeit, Konflikte zu navigieren oder ihnen auszuweichen, raubt Energie, die eigentlich für die Arbeit und kreative Prozesse vorgesehen war.

Symptome können sein:

  • Du fühlst dich morgens schon erschöpft, bevor der Arbeitstag beginnt. Der Gedanke an die bevorstehenden Begegnungen und potenziellen Konflikte lässt dich schon beim Aufwachen die Augen verdrehen (zuweilen sogar noch, bevor sie vollständig offen sind...).
  • Früher geliebte Aufgaben werden zur Last. Projekte, die dich einst begeistert haben, fühlen sich wie eine schwere Last an.
  • Du ziehst dich emotional von Kollegen und Projekten zurück. Engagement wird durch Gleichgültigkeit ersetzt, um sich vor weiteren Enttäuschungen zu schützen.
  • Kreativität und Innovation leiden, da ein Großteil der mentalen Ressourcen für die Bewältigung des konfliktreichen Umfelds verwendet wird.
  • Du verbringst mehr Zeit damit, Konflikte zu vermeiden oder zu managen, als mit deiner eigentlichen Arbeit.

3. Der Teufelskreis der Konflikteskalation

Ungelöste Konflikte haben die Tendenz, sich aufzuschaukeln und immer größere Kreise zu ziehen. Dieser Prozess kann sich über Wochen, Monate oder sogar Jahre hinziehen und dabei stetig an Intensität gewinnen.

Je länger Konflikte ungelöst bleiben, desto schwieriger wird es, sie zu entschärfen - am Ende weiß auch keiner mehr, worum es eigentlich ging, aber eins steht fest: Der Huber ist an allem Schuld! (Du siehst schon...).

Dieser Prozess kann beinhalten:

  • Kleine Unstimmigkeiten wachsen zu großen Streitpunkten. Was als Meinungsverschiedenheit über eine Arbeitsaufteilung begann, kann sich zu einem grundsätzlichen Konflikt über Arbeitsstile oder Werte entwickeln.
  • Immer mehr Personen werden in den Konflikt hineingezogen. Kollegen fühlen sich gezwungen, Partei zu ergreifen, was zur Gruppenbildung im Team führen kann (dazu sind sicher auch die Eskalationsstufen eines Konflikts interessant zu kennen).
  • Die eigentlichen Aufgaben treten in den Hintergrund, der Konflikt wird zum Hauptthema. Meetings drehen sich mehr um zwischenmenschliche Spannungen als um Projektfortschritte.
  • Die Kommunikation wird zunehmend formeller und defensiver, da alle Beteiligten versuchen, sich abzusichern.

Der schleichende Weg zum Burnout

Die kontinuierliche Belastung durch chronische Konflikte kann direkt zu Burnout und Konflikten am Arbeitsplatz führen. Dieser Prozess ist - genauso wie der mit den chronischen Konflikten - oft so schleichend, dass er erst erkannt wird, wenn das Burnout bereits fortgeschritten ist. Hier sind die Hauptfaktoren, an denen du erkennst, dass Vorsicht geboten ist.

Chronische Konflikte und Burnout II

1. Emotionale Erschöpfung

Die ständige Anspannung und Wachsamkeit in einem konfliktreichen Umfeld zehren an deinen emotionalen Ressourcen. Es ist, als würdest du ständig auf Hochtouren laufen, ohne eine Möglichkeit zur Regeneration.

Anzeichen dafür sind:

  • Du fühlst dich emotional ausgelaugt, als hättest du keine Reserven mehr.
  • Kleine Herausforderungen überfordern dich. Aufgaben, die früher routinemäßig erledigt wurden, erscheinen nun als unüberwindbare Hindernisse.
  • Du reagierst übermäßig emotional auf Arbeitsbelastungen. Kritik, die du früher konstruktiv aufgenommen hast, führt jetzt zu heftigen emotionalen Reaktionen.
  • Deine Fähigkeit zur Empathie nimmt ab. Du merkst, dass es dir schwerer fällt, auf die Bedürfnisse und Gefühle anderer einzugehen.
  • Du fühlst dich auch in deiner Freizeit ständig mit der Arbeit beschäftigt und kannst nicht abschalten.

2. Zynismus und Distanzierung

Als Schutzmechanismus beginnen viele Menschen, sich emotional von ihrer Arbeit zu distanzieren. Dies ist ein Versuch, sich vor weiteren emotionalen Verletzungen zu schützen, führt aber langfristig zu einer Verschlimmerung der Situation.

Dies kann sich äußern durch:

  • Zynische Kommentare über die Arbeit oder Kollegen werden zur Norm. Humor wird zunehmend bitter und sarkastisch.
  • Gleichgültigkeit gegenüber Arbeitsergebnissen setzt ein. Die Qualität der Arbeit beginnt zu leiden, da du dich innerlich bereits von deinen Aufgaben distanziert hast.
  • Vermeidung von sozialen Kontakten am Arbeitsplatz. Du ziehst dich zurück, isst vielleicht allein zu Mittag oder vermeidest Gespräche, die über das absolut Notwendige hinausgehen.
  • Du fühlst dich von der Unternehmenskultur und den Zielen des Unternehmens entfremdet.
  • Deine Identifikation mit der Arbeit und dem Beruf nimmt ab. Was einst vielleicht als Berufung empfunden wurde, fühlt sich nun wie eine Last an.

Es ist nicht die Last, die bricht, sondern die Art, wie man sie trägt.

Lou Holtz

3. Verminderte Leistungsfähigkeit

Die ständige Konfliktbewältigung raubt Energie, die dann für die eigentliche Arbeit fehlt. Das führt zu einem Teufelskreis, in dem die sinkende Leistungsfähigkeit wiederum zu noch mehr Stress und potenziell zu neuen Konflikten führt.

Folgen können sein:

  • Sinkende Produktivität. Aufgaben, die früher schnell erledigt wurden, ziehen sich nun in die Länge.
  • Häufigere Fehler schleichen sich ein, da die Konzentration und Aufmerksamkeit für Details nachlässt.
  • Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Entscheidungen zu treffen. Selbst einfache Entscheidungen können zu einer Quelle von Stress und Überforderung werden.
  • Die Qualität deiner Arbeit leidet, was zu Kritik führen und den Stress weiter erhöhen kann.
  • Kreativität und Innovationsfähigkeit nehmen ab, da alle mentalen Ressourcen für das "Überleben" im konfliktreichen Umfeld verwendet werden.

Wege aus der Konflikt-Burnout-Spirale

Die gute Nachricht ist: Es gibt Wege, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Hier sind einige Strategien:

  1. Bewusstsein schaffen: Erkenne die Anzeichen chronischer Konflikte und ihre Auswirkungen auf dich und dein Team. Führe ein "Konflikt-Tagebuch", um Muster zu erkennen.
  2. Offene Kommunikation fördern: Schaffe Räume für ehrlichen, respektvollen Austausch. Dies kann helfen, Teamkonflikte und Burnout zu reduzieren. Implementiere regelmäßige Team-Check-ins oder anonyme Feedback-Systeme.
  3. Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen: Manchmal ist externe Unterstützung durch Coaches oder Mediatoren nötig, um festgefahrene Konflikte zu lösen. Scheue dich nicht, diese Ressourcen zu nutzen (ich weiß, immer die Sorge, stigmatisiert zu werden - aber keine Sorge, Menschen, die solche Dienstleistungen anbieten, stehen unter einer sehr strengen Schweigepflicht, es muss also niemand davon erfahren).
  4. Selbstfürsorge priorisieren: Praktiziere Selbstfürsorge gegen Burnout, um deine Resilienz zu stärken. Entwickle eine tägliche Routine, die Entspannung und Stressabbau fördert.
  5. Grenzen setzen: Lerne, "Nein" zu sagen und deine persönlichen Grenzen zu kommunizieren. Übe dies zunächst in weniger kritischen Situationen, um Selbstvertrauen aufzubauen.
  6. Konfliktlösungskompetenzen entwickeln: Investiere in deine Fähigkeiten zur konstruktiven Konfliktlösung. Dies kann dir helfen, Konflikte als Chance gegen Burnout zu nutzen. Besuche Workshops oder lies Fachliteratur zum Thema Konfliktmanagement.
  • Welche Anzeichen chronischer Konflikte erkennst du in deinem Arbeitsumfeld?
  • Was könntest du tun, um eine offenere Kommunikationskultur in deinem Team zu fördern?
  • Wie könntest du deine persönlichen Grenzen besser kommunizieren und schützen?

Fazit: Wachsamkeit und aktives Handeln sind der Schlüssel

Chronische Konflikte und der Weg zum Burnout sind oft schleichende Prozesse. Der erste Schritt zur Veränderung ist, sie als solche zu erkennen und aktiv gegenzusteuern. Indem du wachsam bleibst, offen kommunizierst und rechtzeitig Hilfe in Anspruch nimmst, kannst du Burnout wirkungsvoll vorbeugen.

Ein konfliktfreier Arbeitsplatz ist eine Illusion, aber ein Arbeitsplatz, an dem Konflikte konstruktiv gelöst werden, ist ein Ort, an dem du und deine Kollegen wachsen und gedeihen können.

Möchtest du mehr darüber erfahren, wie du Resilienz gegen Burnout aufbauen kannst? Oder interessierst du dich für Burnout-Prävention durch Konfliktmanagement? Ich habe noch viele weitere Ressourcen für dich.

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Autor

Melanie

...auch bekannt als die schweizerischste Wirtschaftsmediatorin Österreichs - ich löse seit 2020 Konflikte in und zwischen Unternehmen mit einer Erfolgsquote von 95%. Ich biete Wirtschaftsmediation, Konfliktcoaching und Konfliktmanagementtrainings an. In meiner Freizeit höre ich Musik, trainiere, oder werke im Garten herum.

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